Best-Practice-Beispiele

Wie wird Ihre eigene Innenstadt zu einem lebenswerten Spielfeld nachhaltiger Entwicklung im 21. Jahrhundert? Im Rahmen unserer Recherchen ist eine lange Liste an Anregungen, Beispielprojekten und Prozessideen entstanden. Diese stellen wir hier zur Verfügung – wir wünschen viel Spaß beim Ausprobieren! 

Die Ideen stammen aus den im Haupttext beschriebenen Veranstaltungen, Gesprächen mit im kommunalen Umfeld aktiven Personen, eigenen Internet-Recherchen sowie Materialien verschiedener Organisationen im Bereich Fairtrade und Stadtentwicklung.  

„Nachhaltige Innenstadtbelebung“ in Ihrer Kommune

Die genannten Maßnahmen tragen entweder zu einer Belebung der Innenstadt oder Nachhaltiger Entwicklung im Sinne der SDGs bei – im Idealfall zu beidem gleichzeitig. 

Folgende Orte, Angebote und Veranstaltungen können Innenstädte attraktiver und nachhaltiger machen: 

  • “Erlebnis-Einkaufen” durch das Schaffen zusätzlicher Angebote im Geschäft: Als Beispiel fungiert der Gastronomiebereich im Modehaus Henschel Darmstadt
  • Neue Veranstaltungskonzepte, die “Second Hand”, Fairtrade und Wiederverwertung aufgreifen: Modenschauen mit Musik und Tanz, Repaircafes, Kochkurse, Kleidertauschparties, Tauschläden oder Unverpackt-Märkte 
  • Weitere Veranstaltungsformate, die breite Gesellschaftsschichten ansprechen: Diskussionsrunden mit Lokalpolitiker*innen, Freiluftkinos, Wochen- und Flohmärkte, oder spezielle Konzepte wir ein Marktfrühstück (siehe ein konkretes Beispiel aus Mainz).
  • Auf schon bestehenden Stadt- und Stadtteilfesten können Fairtrade und Umweltveränderungen im Angebot stärker berücksichtigt und durch geeignete Formate kommuniziert werden 
  • Das offensive Bewerben von Fairtrade-Produkten (in jeglichen Bereichen: Kleidung, Sportwaren, Lebensmittel, …), z.B. durch das Angebot von Weltladen-Picknickkörben oder die Aufstellung von “Fairomaten” . Das steigende Interesse an diesen Themen kann bei entsprechenden Angeboten mehr Menschen in die Innenstadt locken! 
  • Die Schaffung von “Pop-Up-Stores“, in denen wechselnd Raumkonzepte interessierter Personen getestet werden können. Es entstehen Anreize zum Ausprobieren sowie ein sehr abwechslungsreiches Angebot für alle Einwohner*innen 
  • Die Schaffung von Experimentierflächen für Kunstschaffende 
  • Die Schaffung von Anbauflächen für Obst und Gemüse, auf denen alle Bürger*innen gärtnern können. Das entsprechende Konzept nennt sich “Essbare Stadt” (siehe ein Beispiel aus Andernach
  • Kreative und bequeme Sitzgelegenheiten, die zum Verweilen und Verabreden einladen (siehe dieses Beispiel aus Budapest). Vielleicht können die Sitzmöbel gar aus nicht mehr benötigten Materialien erbaut werden (“Upcycling”)? 
  • Pop-Up-Ausstellungen in leerstehenden Gebäuden oder auf öffentlichen Plätzen (möglicherweise auch in den Schaufenstern von Geschäften) zu relevanten Themen (z.B. im Bereich Nachhaltigkeit) 
  • Schaffung schulischer und außerschulischer Lernorte im Innenstadtbereich (Beispiel Grüne Schule Mainz) 
  • Temporär oder dauerhaft erlebbare Stadtrallyes (digital umsetzbar mit Hilfe der App Actionbound)
  • Der Aufbau einer “Bibliothek der Dinge”, wie sie derzeit in immer mehr Städten weltweit entstehen (siehe ein Beispiel in Frankfurt
  • Erlebnis-Stadtführungen, z.B. “Faire Tour einer Stadt” 
  • Kinderbetreuungsangebote während der Ladenöffnungszeiten in der Innenstadt 
  • Informations- und Mitmachorte wie die “Agentur des städtischen Wandels” in Frankfurt, in dem über die Innenstadt der Zukunft informiert wird und selbst Ideen eingebracht werden können – also eine Anlaufstelle für interessierte Bürger*innen 
  • Re-Cup (Wiederauffüll)-Systeme 

Die folgenden Strukturen und Prozesse können beim Schaffen solcher Angebote helfen. Die aufgelisteten Ideen basieren teilweise auf Ideen aus Bundesländern außerhalb der Metropolregion – können allerdings problemlos auf jegliche Kommunen übertragen werden. 

  • Verankern Sie das Thema “Lebenswerte und Nachhaltige Innenstadt” in der Lokalpolitik – durch Arbeitsgruppen, Leitbilder und langfristig angelegte Maßnahmenpläne 
  • Beziehen Sie jegliche Interessensvertreter – Bürger*innen, Gastronomen, Einzelhändler, Kulturschaffende – mit ein. Gemeinsam und in dezentralen Strukturen entstehen die besten Ideen! Wie in der im Haupttext genannten Broschüre des Instituts für Urbanistik beschrieben wird, ist jede Innenstadt der Zukunft stadtindividuell und von allen Akteuren getragen zu entwickeln.  
  • Schaffen Sie Reallabore – dies kann ein einzelnes Geschäft oder die gesamte Innenstadt sein –, in denen bewusst Ideen für Ihre Innenstadt der Zukunft getestet und evaluiert werden. 
  • Nutzen Sie die Vorteile digitaler Hilfsangebote – beispielsweise die Plattform LeAn (“Leerstand anpacken – Ansiedlung steuern”), die als datenschutzkonforme Webanwendung ein “digitales Leerstands- und vorausschauendes Ansiedlungsmanagement unter Federführung der Kommune und mit Beteiligung aller Nutzungsgruppen” ermöglichen soll. Einfach ausgedrückt: Eine Online-Plattform, die leerstehende Flächen unbürokratisch an potenzielle Nutzer*innen vermittelt. 
  • Entwickeln Sie barrierearme Förderprogramme für Start-Ups – was auch im Rahmen externer Förderungen (s.u.) möglich sein kann. “Grüne” Start-Ups können bei entsprechenden Leitbildern bevorzugt gefördert werden (“Wirtschaftsförderung 4.0.”, s.u.). Informieren Sie lokale Händler, Gastronomen und Hoteliers über bestehende Förderprogramme. 
  • Informieren Sie sich über Förderprogramme und Wettbewerbe, mit welchen die nachhaltige Innenstadtentwicklung in Ihrer Kommune finanziell unterstützt werden kann. Ein aktuelles Beispiel ist der vom Land Hessen getragene Wettbewerb “Ab in die Mitte” , im Rahmen dessen jedes Jahr “beispielhafte kommunal und privat initiierte Konzepte und Strategien für die nachhaltige Entwicklung und Stärkung der hessischen Innenstädte und Ortszentren” finanziell unterstützt werden.  
  • Kommunizieren Sie das bestehende Angebot im Bereich Fairtrade und Nachhaltigkeit offensiv, z.B. durch Fairtrade-Broschüren bzw. “Nachhaltige Einkaufsführer” oder Internetseiten (siehe zum Beispiel diese Übersicht aus den Kommunen Roßdorf und Gundernhausen)
  • Gehen Sie aktiv auf Händler*innen und Gastronomen zu, um den Anteil von Fairtrade-Produkten zu erhöhen. Möglich ist dies zum Beispiel mit Ermutigungsbriefen (siehe ein Schreiben des Handelshof Hamburg aus dem Jahr 2015), in denen die (ökologischen, sozialen und auch ökonomischen) Vorteile eines Fairtrade-Sortiments ausgeführt und Hilfestellungen angeboten werden, oder durch eine an Gastronomen, Händler und Hoteliers gerichtete Umfrage (siehe zum Beispiel diese aus Schleswig-Holstein) zur aktuellen Fairtrade-Politik des Unternehmens. Eine von TransFair und “Leipzig handelt fair” entwickelte Handreichung empfiehlt Schritt für Schritt, wie Unternehmen kontaktiert und von Kommunen für das Thema Fairen Handel sensibilisiert werden können. 
  • Weisen Sie auf Fortbildungsangebote in den Bereichen Fairtrade und/oder öko-soziale Beschaffung hin (oder bieten sie im Idealfall selbst an) 
  • Kommunizieren Sie selbst geschaffene Best-Practice-Beispiele, um andere Kommunen zu inspirieren. Ein Beispiel ist diese Broschüre zu “Fairen Kommunen” in Schleswig-Holstein 
  • Knüpfen Sie Wirtschaftsförderung an die Erfüllung von Nachhaltigkeits- und eventuell Fairtrade-Kriterien. Das Wuppertal-Institut und das Bundesministerium für Bildung und Forschung haben gemeinsam eine Website und eine Broschüre zu einem Konzept namens “Wirtschaftsförderung 4.0.” entwickelt. Wirtschaftsförderung ist darin in “einem viel höheren Maß an gesellschaftliche Ziele wir Nachhaltigkeit, Resilienz oder Regionalität gebunden” und soll in allen Bereichen “Nachhaltigkeit systematisch berücksichtigen”, z.B. bei den Kriterien für bevorzugt anzusiedelnde Unternehmen, der Entwicklung von Flächen (bevorzugt im Bestand) und in angepassten Beratungsleistungen.