Wie wird Fairtrade im ländlichen Raum zum Thema? Was sind Hindernisse und Motoren? Und hat der ländliche Raum generell ein anderes Verständnis vom fairen Handel? Fragen dieser Art haben wir Mitte Dezember in einem virtuellen Fachgespräch diskutiert.
Zu den Teilnehmenden zählten neben Vertreter*innen von Rhein.Main.Fair Patrick Koch (Bürgermeister Pfungstadt), Karin Lichtblau (Gemeindevertreterin Breuberg, Odenwaldkreis), Henrike Strauch (Bürgermeisterin Glauburg, Wetteraukreis), Rüdiger Holschuh (MdL, Kreistagsvorsitzender Odenwald), Michael Merle (Bürgermeister Butzbach, Wetteraukreis), Lea Bruder (Klimaschutzmanagerin Odenwaldkreis), Julia Übelhör (Nachhaltigkeitsmanagement Eltville) und Miriam Förstle (Landesgartenschau Oberhessen 2027 GmbH). Weitere Personen waren im Vorfeld per Online-Interview befragt worden.
Zu den Ergebnissen zählen, dass das Thema Fairtrade für Kommunen in ländlichen Räumen oftmals hinter anderen Themen zurückzustehen scheint, die als dringender erachtet werden. Dennoch sind sich die Gesprächsteilhabenden einig, dass es weiterhin richtig und wichtig ist, sich für mehr Nachhaltigkeit und faire Produktions- und Beschaffungsprozesse einzusetzen. Erfolgreiche Prozesse und neue Initiativen wie die Positionierung von Fairtrade in der Landesgartenschau 2027 zeigen, dass bei Engagement und politischem Wille auch im ländlichen Raum Fairer Handel gezielt gefördert werden kann.
Gerade im ländlichen Raum kann die Nähe zur landwirtschaftlichen Produktion ein Hebel sein, über eine gute Kombination von regionalem Handel und Fairtrade-Produkten des globalen Südens ein größeres Bewusstsein für faire und gerechte Produkte zu schaffen. Wichtig ist aber dabei auch, in der Kommunikation und Sprache anschlussfähig an das Lebensgefühl im ländlichen Raum zu sein. Bodenständige Kommunikation, keine Anglizismen und neue Wortschöpfungen, konkrete und direkte Kommunikation scheinen hier von den Menschen stärker gewünscht zu werden.
Der Einstieg von ländlich geprägten Kommunen und Landkreisen über einen Zertifizierungsprozess wird zum Teil kritisch gesehen. Auf der einen Seite stellt ein vorgegebener und vergleichbarer Prozessrahmen einen Weg in die Beschäftigung mit Fairtrade dar. Dies ist hilfreich für eine politische Initiative und anschließende Umsetzung des Prozesses durch eine Steuerungsgruppe, die von Verwaltung begleitet wird. Auf der anderen Seite geht der vorgegebene Zertifizierungsprozess davon aus, dass die Unterschiedlichkeit von Räumen allein über Größe bzw. Anzahl von Partnern abgebildet werden kann. Ländliche Räume haben aber zum Teil andere Ausgangsbedingungen, wie das Beispiel der Gastronomie zeigt. Zu prüfen wäre daher, ob Anpassungen für ländliche Kommunen denkbar sind.
Unsere ausführliche Dokumentation der Veranstaltung kann hier gelesen werden:
“Auf dem Land ist alles anders” – Dokumentation Fachgespräch Dezember 2024